Kollegiale Unterrichtsbeobachtung

LehrerInnen stehen Tag für Tag meist auf sich allein gestellt in ihrer Klasse. Im Unterricht beobachtet zu werden, ist für viele eine ungewohnte Situation. Sofort stellt man sich die Frage, ob man wohl den Ansprüchen einer Kollegin/eines Kollegen standhalten würde.

Und doch liegt gerade darin eine große Chance, eine Kollegin/einen Kollegen des Vertrauens zu bitten, den eigenen Unterricht, die Kommunikation in der Klasse, die Kommunikation  zwischen Lehrperson und Schüler/inne/n oder anderes beobachten zu lassen und damit zu reflektieren.

Worauf die Kollegin/der Kollege ihre/seine Aufmerksamkeit richten soll, wird im persönlichen Gespräch vereinbart. So kann es sein, dass beide Seiten "Appetit" auf mehr bekommen.

  1. Kurzbeschreibung: Durch gegenseitige Unterrichtshospitation überprüfen und reflektieren Lehrer/innen  untereinander spezifische Aspekte ihres professionellen Handelns.
  2. Voraussetzung sind die Bereitschaft und die Offenheit der einzelnen Lehrer/innen, gegenseitig im Unterricht zu hospitieren, um Rückmeldungen über den eigenen Unterricht zu geben und anzunehmen.
  3.  Ziele
    • Entwicklung kollegialer Unterrichtsbeobachtung zur gegenseitigen Unterstützung im Unterricht
    • Rückmeldungen über die vereinbarten Aspekte des Lehrens und Lernens
    • Anregungen zur Weiterentwicklung des eigenen Unterrichts
  4. Tandem-Variante: Hier bilden 2 Lehrpersonen ein "Tandem" auf freiwilliger Basis, weil sie Interesse an gegenseitigen Unterrichtsbesuchen haben.
  5. Formen der kollegialen Beobachtung
  • Die Beobachtung ist offen, d.h. es wird kein Beobachtungsschwerpunkt festgelegt.
  • Die Kolleg/inn/en legen einen oder mehrere Beobachtungsaspekt/e gemeinsam fest.
  • Der/die zu Beobachtende vereinbart mit den Hospitierenden einen Beobachtungsaspekt, der für sie/ihn von besonderer Bedeutung ist.

Wichtig ist sowohl die Vor- als auch Nachbereitung. Auch Beobachtungsraster, in welches die Anmerkungen eingetragen werden, kann hilfreich sein, oder auch ein kurzes Gedächtnisprotokoll. Das Auswertungsgespräch sollte möglichst zeitnah erfolgen, weil das Geschehen beiden so noch am lebendigsten in Erinnerung ist.

6.  Feedbackregeln, falls erforderlich (nach Schratz, Iby und Radnitzky)[1]

  • Konzentrieren Sie sich nicht nur auf Negatives, sondern argumentieren Sie auch Positives!
  • Geben Sie Feedback nur in einer Atmosphäre, in welcher der/die Partner/in das Feedback annehmen kann! (Emotionale Belastungen sind nicht förderlich, um Rückmeldungen über Verhalten annehmen zu können.)
  • Weisen Sie darauf hin, dass es nicht um richtig/falsch-Urteile geht, sondern dass die Beobachtung durch eine/n Außenstehende/n eine neue Entwicklungsperspektive eröffnen kann.
  • Vermeiden Sie Pauschalurteile, Verallgemeinerungen und Typisierungen, beziehen Sie sich vielmehr auf das in der Situation Beobachtete.
  • Unterscheiden Sie zwischen dem, was Sie beobachtet haben und Ihrer Interpretation.
  • Verwenden Sie »Ich-Botschaften« (»Ich habe ... beobachtet und das hat bei mir ... ausgelöst.«)
  • Geben Sie dem/der Partner/in genügend Möglichkeiten, seine/ihre eigene Sichtweise einzubringen.
  • Hören Sie Ihrem/Ihrer Partner/in aufmerksam zu, was er/sie Ihnen (noch) sagen möchte, und gehen Sie darauf ein. Fühlen Sie sich in seine/ihre Situation ein.
  • Bleiben Sie offen und halten Sie Ihre Meinung nicht zur Schonung des Partners/der Partnerin zurück, betonen Sie aber die subjektive Deutung und den Hintergrund Ihrer Sichtweise.
  • Reden Sie nach dem Feedback mit dem/der Partner/in über seine/ihre Empfindungen und bauen Sie durch gegenseitige Rückmeldungen gemeinsam an einer förderlichen Feedbackkultur.

 

[1] angelehnt an: "Kollegiale Unterrichtsbeobachtung" Schratz, M.; Iby, M.; Radnitzky, E. (2000). Qualitätsentwicklung – Verfahren, Methoden, Instrumente. Weinheim und Basel: Beltz Verlag. (S. 100)

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